Wir befinden uns in einer geschlossenenen „Irrenanstalt“, in der eine Mordreihe an reizenden jungen Krankenschwestern verübt wird. Ein Kommissar ermittelt. Drei verrückte Wissenschaftler stehen unter dringendem Tatverdacht. Aber auch die anderen Figuren scheinen nicht weniger skurril, so dass sich immer mehr die Fage stellt, wer eigentlich in dieser Irrenanstalt wirklich verrückt ist.

Soweit der vertraute Plot des 1962 uraufgeführten Kriminalstückes und Welterfolges von Dürrenmatts Die Physiker.

Hinter der Fassade dieser schaurig-wohligen Agatha Christie-Atmosphäre werden jedoch die großen Fragen der Menschheit diskutiert, die uns spätestens seit der Aufklärung beschäftigen: Trägt der Fortschritt zur Veredelung des Menschen bei oder wird der Mensch umso barbarischer, je kultivierter er wird? Welche Verantwortung trägt das Genie? Sollten wir auf manche Errungenschaften der „zivilisierten Welt“ lieber verzichten zugunsten eines glücklicheren Lebens?

Die diesjährige zwölfte Klasse der Waldorfschule Christian Morgenstern Werder Havel übersetzt die Physiker ins Heute, in dem multiple Persönlichkeitsstörungen längst kein Fremdwort mehr sind, in dem überhaupt Störungen aller Art völlig normal geworden zu sein scheinen.

Und auch wenn angesichts der Wahrheiten, die Dürrenmatt aufdeckt, uns eher zum Heulen zumute sein sollte, bewahren die SchülerInnen in der Inszenierung den liebenden Blick Dürrenmatts auf diese groteske Welt, ja zeigen vielmehr, dass es vielleicht gerade die Liebe zur Verrücktheit ist, die den Menschen vor sich selbst retten könnte. Und doch scheint auch eine Melancholie der von der heuigen Jugend gefühlten Ausweglosigkeit des menschlichen Lebens hervor, die in von den SchülerInnen ausgewählten und eigens interpretierten, traurigschönen Pop-Songs ihren Ausdruck findet. Allein für diese Lieder schon würde sich der Besuch des Theaterstückes lohnen!

Aufführung am 27.01.17 um 19 Uhr
im Kulturpalast SCALA